Über Künstler_innen, Kurator_innen & Autor_innen


Künstler_innen

Chen Chieh-Jen – geboren 1960 in Taoyuan, Taiwan – lebt und arbeitet derzeit in Taipei, Taiwan. Er organisierte außerinstitutionelle Untergrund-Ausstellungen und Kunst-Aktionen im Guerilla-Stil, um die herrschenden politischen Mechanismen Taiwans während der Zeit, die durch den kalten Krieg, Antikommunismus-Propaganda und Kriegsrecht gekennzeichnet war, anzugreifen. Nach Beendigung des Kriegsrechts 1987 stellte er seine Kunstaktionen für acht Jahre ein. Im Jahr 1996 kehrte Chen zur Kunst zurück und begann eine Zusammenarbeit mit Arbeitslosen, Tagelöhnern, Gastarbeitern, in Taiwan verheirateten Ausländern und mit Gesellschaftsaktivisten. Sie besetzten private Fabriken, drangen heimlich in behördlich gesperrte Gebiete ein und verwendeten dort zurückgelassene oder ausrangierte Materialien und Gegenstände, um Bühnenbilder für Videoarbeiten zu bauen. Um die gegenwärtige Wirklichkeit und eine durch Neoliberalismus verfälschte Volksgeschichte zu visualisieren, begann er eine Reihe von Videoarbeiten, bei denen er Strategien verwendete, die er „Neu-Vorstellen, Neu-Erzählen, Neu-Schreiben und Neu-Verbinden“ nennt. Seine Arbeiten wurden bereits als Einzelausstellungen in Taiwan gezeigt, aber auch im Ausland, wie etwa in Paris, Luxemburg, Hong Kong, Beijing, Los Angeles, Madrid und New York. Er hat auch an verschiedenen internationalen Biennalen sowie Gruppenausstellungen teilgenommen.

Chen Ching-Yao – 1976 in Taipei, Taiwan geboren – schloss im Jahr 2000 seine Ausbildung am National Institute of the Arts (nun Taipei National University of the Arts genannt) ab und erhielt einen Master-Abschluss beim Fachbereich für bildende Künste im Jahr 2006. Wiederholende Themen seines künstlerischen Schaffens sind Verkleidungsspiel, Besitznahme, Verstellung und Collage. Die Betrachtung „der Anderen“ und die eigene Identifizierung werden widersprüchlich und kompliziert durch seine außerordentlich oberflächliche Platzierung, die sich in ständiger Imitation anderer zeigt. Zuschauer werden zu tiefergehenden Fragen nach der Interpretation der ungeschützten äußerlichen Erscheinung angeregt. In 2000 gewann er den ersten Preis bei den New Perspective Art in Taiwan Dimensional Creation Series. In 2001 gewann Chen den Taipei-Preis mit seiner Arbeit “Kommando Seifenblase”, die den Beginn einer langfristigen Erkundung von Subkultur, Bilderpolitik und verwandten Themen kennzeichnet. Seit 2002 ist er Mitglied der Hantoo-Kunstgruppe, einer führenden Künstlergruppe in Taiwan. 2008 erhielt er vom Asiatischen Kultur-Kollegium ein Stipendium für einen Aufenthalt als Stadtkünstler bei Location One in New York . Seit 2009 hat er Einzelaustellungen in Japan, Korea, Taiwan, den USA – New York – und vielen anderen Orten.

Hong Sung-dam – geboren 1955 auf der Insel Hauido, aufgewachsen in Gwangju und ausgebildet an der Chosun Universität Gwangju – ist ein südkoreanischer Künstler, der 1980 am Aufstand gegen Chun Doo-hwans Militärdiktatur teilnahm. Nach dem Aufstand wurde er politisch aktiv und im Juli 1989 verhaftet, weil er angeblich das nationale Sicherheitsgesetz verletzt hatte (er hatte Abbildungen eines mit 200 anderen südkoreanischen Künstlern geschaffenen Wandbildes nach Nordkorea geschickt). Amnesty International erkannte ihn als politischen Häftling an und setzte sich für seine Freilassung ein, die schließlich in den frühen 1990ern erreicht wurde. Er ist ein hochgeachtetes Mitglied der Minjung-Bewegung und erhielt schließlich 1996, nach tiefgreifenden politischen Veränderungen, von der südkoreanischen Regierung den Auftrag für ein 42 Meter langes Wandbild für die Chonnam National University. Seine Werke wurden an verschiedenen Orten gezeigt, wie am Gana Art Centre Seoul; am Queens Museum of Art, New York; am National Museum of Contemporary Art, Sri Lanka; der Gallery of Modern Art, Glasgow; dem National Museum of Prints, Spanien; der Busan Biennale; der 1st and 3rd Gwangju Biennale; dem International Peace Centre, Osaka und – zum 50th Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte – bei Amnesty International in Großbritannien. Er lebt und arbeitet heute in Ansan, Südkorea.

Nakagaki Katsuhisa – geboren 1944 in Gifu, Japan – studierte an der Tokyo University of the Arts Bildhauerei. Er wurde bekannt für seine Bronzeskulpturen, die viele Jahre lang ein traditionelles Kunstverständnis reflektierten. 1968 erhielt er den M.A. an der Tokyo University of Arts. 1986 gewann er den Grand Prize of Rodin am Hakone Open Air Museum und 1988 den besonderen Open-Air-Skulpturpreis von Nagoya. Seine aktuellen Arbeiten stellen einen radikalen Bruch mit seinem bisherigen Schaffen dar und provozierten Anfeindungen radikaler Nationalisten und sogar Verachtung aus der japanischen Kunstwelt (2013 wurde er aus der Shinseisaku-Gesellschaft ausgeschlossen). Seine Installation „Porträt der Epoche – Vom Aussterben bedrohte Spezies Idiot JAPONICA, rundes Hügelgrab“ etwa warf eine heftige Debatte über Meinungsfreiheit auf und durfte im Museum für moderne Kunst in Tokio nicht vollständig gezeigt werden. Die Arbeit konnte erstmals 2014 unzensiert im Ausland – in der Galerie Murata & Friends in Berlin – gezeigt werden. Heute arbeitet Nakagaki als Emeritusdirektor am HIDA Gemeindemuseum und Katsuhisha Nagakai Museum.

Sunmu – geboren 1972 in Nordkorea – wurde in der nordkoreanischen Armee als Propagandakünstler ausgebildet, später studierte er an einer Kunsthochschule. In der Zeit schwerwiegender Hungersnot in den 1990er Jahren flüchtete er nach China und später über Thailand und Laos nach Südkorea. Seitdem lebt und arbeitet er als Maler in Seoul. In Seoul hat er auch ein Zweitstudium der visuellen Künste aufgenommen. Im Jahr 2007 hat er (zusammen mit dem Fotograf Suntag Noh) an der Ausstellung „We are Happy“ in der Gallerie Curiosity, Seoul teilgenommen. 2008 hatte er seine erste Einzelausstellung unter dem gleichen Titel bei der Alternative Space Chunggeong gak, Seoul. Aus Rücksicht auf seine Familie in Nordkorea verwendet er den Künstlername „Sunmu“ anstelle seines echten Namens und erlaubt keine Fotos seines Gesichts.

Tomiyama Taeko – geboren 1921 in Kōbe, Japan, aufgewachsen in Dalian und Harbin, chin. Mandschurei – studierte mit Unterbrechungen durch den Krieg von 1938 bis 1945 an der Joshibi-Frauenschule für Kunst und Design. Sie beschäftigt sich in ihren multimedialen Arbeiten mit den komplexen moralischen und emotionalen Problemen der japanischen Gesellschaft, zum einen der widersprüchlichen Erfahrung, im 2. Weltkrieg sowohl Aggressor wie auch Opfer barbarisch-moderner Kriegsführung gewesen zu sein, zum anderen mit aktuell einschneidenden Erfahrungen wie der Attacke von 9/11, dem Konflikt in Afghanistan oder der Katastrophe von Fukushima vor vier Jahren. Seit 1950 werden ihre Arbeiten in zahlreichen Ausstellungen in Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Südkorea und den USA sowie auf der 1. und 3. Gwangju Biennale und im Sommer 2009 auf der Niigata Tsūmari Trienniale gezeigt.

Kurator_innen

Choi Kiwan – geboren 1985 in Seoul, Südkorea – leistete von 2006-08 als Soldat an der Grenze zu Nordkorea seinen Militärdienst. Eine Verweigerung des Wehrdienstes ist in Südkorea nicht möglich. Nach einem sechsmonatigen Auslandsaufenthalt 2010 in Australien studiert er seit 2013 Malerei an der Kunsthochschule Weißenssee in Berlin. In Korea beschäftigte er sich in seiner künstlerischen Arbeit mit den Themen Erinnerung und – im Kontext der historischen Vergangenheit Südkoreas – mit der eigenen Identität. Seit er in Deutschland studiert, treten dagegen Themen wie Absurdität und Hilflosigkeit in den Vordergrund.

Ku Youlee – geboren 1988 in Südkorea – schloss ihr Studium der Bildenden Künste 2011 an der Sung Kyun Kwan Universität in Seoul ab. Anschließend kam sie nach Deutschland, um ihr Interesse für die Kunst weiterzuverfolgen. Seit 2014 studiert sie an der Akademie der Bildenden Künste München (AdBK). Ku liebt Neues – sie reist viel, um Länder, neue Orte und Menschen verschiedener Nationalitäten kennenzulernen. Als Künstlerin versucht sie vor allem zu erfahren, wie man in der Welt leben kann. Derzeit lebt und arbeitet sie in München.

Han Nataly Jung-Hwa – geboren 1962 in Seoul, Südkorea, seit 1978 in Deutschland – studierte Koreanistik, Japanologie und Kunstgeschichte (mit den Schwerpunkten Gender und Postkoloniale Theorien) in Tübingen sowie an der Freien Universität und der Humboldt-Universität in Berlin. Sie arbeitet als Koreanistin, Dolmetscherin und Projektmanagerin in Berlin. Seit 2008 leitet sie das Korea-Kommunikations-und-Forschungszentrum im Korea-Verband e.V. und organisiert zahlreiche Lesungen und Veranstaltungen mit Künstler_innen und Aktivist_innen aus Korea. Sie ist Initiatorin des Austauschprogramms EPRIE (Exchange Program for Regional Integration in East-Asia and Europe) und Gründerin der Arbeitsgemeinschaft „Trostfrauen“ (Frauen, die im Asien-Pazifik-Krieg als Zwangsprostituierte vom japanischen Militär verschleppt und missbraucht wurden). Derzeit arbeitet sie als Chefredakteurin des Magazins „Korea Forum“, ist Leiterin der AG „Trostfrauen“, Vorstandsvorsitzende des Korea-Verbandes e.V. und Mitglied der nGbK (neue Gesellschaft für bildende Kunst).

Yajima Tsukasa – geboren 1971 in Takasaki, Japan – studierte Geschichte an der Waseda-Universität und Fotografie am Nippon Institute of Photography in Tokio. Er arbeitete als Auftragsfotograf für die linksorientierte Asahi-Shinbun Tageszeitung in Tokio, die Wochenzeitung Asahi, für Asahi Graph, Saias, AERA, Ronza u. a. 2003-06 arbeitete Yajima in Südkorea am Fotoprojekt „Trostfrauen – Sexsklavinnen der japanischen Armee im Zweiten Weltkrieg“ in einem Seniorenheim für koreanische Frauen, die diesen Alptraum überlebt haben. 2004 gewann er den DAYS JAPAN International Photojournalism Award und 2010 den Fotopreis der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft. Er lebt als Fotograf und Journalist in Berlin. Seine fotografischen Arbeiten werden in Deutschland, Japan, Korea und Taiwan gezeigt. Er war 2011-12 Vorstandsmitglied des Korea-Verbandes e.V. und ist Mitglied der nGbK.

Yoo Jae-Hyun – geboren 1974 in Gyeongju, Südkorea – studierte Bildende Kunst und Philosophie an der Sungkyunkwan-Universität in Seoul und der University of New South Wales, Sydney, sowie Medienkunst (Meisterschülerstudium) an der UdK Berlin. Er beschäftigt sich in seiner Arbeit mit dem Thema Grenze und Grenzüberschreitung im Sinne einer »open identity«. 2005 war er Initiator der internationalen Künstler_innengruppe Global Alien und 2007 Mitbegründer und Vorstandsmitglied des Korientation e.V. (einem Untertützungsverein von Deutsch-Koreaner_innen). 2006 erhielt er den Preis der Kurt-Eisner-Kulturstiftung München. Im gleichen Jahr initiierte Global Alien die Ausstellung „Freedom of Speech“ in Seoul und 2008 den „Congress of Culture“ im Kunstraum Kreuzberg. 2009 organisierte er „Shared.Divided.United” in der nGbK, Berlin. Er war außerdem 2012 Leiter des Projekts „East People Power“ im Rahmen der Initiative KunstDoc – Kunst im öffentlichen Raum in Leipzig. Seine erste Soloausstellung „Hidden Agenda“ wurde 2014 im okk/raum29 in Berlin gezeigt. Yoo ist Mitglied des Korea-Verbandes e.V. und der nGbK. Er lebt und arbeitet in Berlin und Seoul.



Autor_innen

Arai Hiroyuki – geboren 1965 – ist ein japanischer Kritiker. In seinen Kritiken untersucht er (Sub-) Kulturen und soziale Themen. Er arbeitet als Direktor der N.P.O. Art Farm.

Rebecca Jennison – geboren in den USA – unterrichtet an der Fakultät der Geisteswissenschaften, Fachbereich Kultur und Kunst an der Kyoto-Seika-Universität. Sie ist Mitherausgeberin der asiatisch-pazifischen Zeitschrift Japan Focus. Ihre Veröffentlichungen umfassen die Übersetzung von Arbeiten japanischer Schriftstellerinnen (Shimizu Shikin) und Künstler (Tomiyama Taeko). Zu ihren jüngsten Arbeiten gehören viele Aufsätze über zeitgenössische Kunst sowie transnationalen Feminismus. Sie war Kuratorin von drei Ausstellungen von Künstlerinnen bei der Galerie Fleur in Seika, einschließlich „Women en Large/Familiar Men“. Gemeinsam mit Laura Hein hat sie den Band „Imagination Without Borders: Feminist Artist Tomiyama Taeko and Social Responsibility“ (Center for Japan Studies, Michigan University Press, Ann Arbor, 2009) herausgegeben.

Kim Jong-gil – geboren 1968 in Südkorea – ist Kurator, Kritiker, Kunsttheoretiker, Kunstforscher und Planer. Seit 2000 ist er als Kurator für das Kunstmuseum Moran und seit 2003 im Beirat der Kulturstiftung Gyeonggi tätig. Von 2006-2012 leitete er die Abteilung für Bildung der Provinz Gyeonggi und arbeitete als freier Kurator. Derzeit ist er außerdem in der Kulturstiftung Gyeonggi Leiter für Strategieentwicklung. Für seine kunstheoretische Arbeit und seine kuratorischen Projekte wurde er mehrfach ausgezeichnet.

Suh Sung – geboren 1945 in Kyoto als Sohn koreanischer Einwanderer, absolvierte die Tokioter Universität für Erziehungswissenschaften und die Seouler Nationaluniversität. Im Jahr 1971 wurde er vom militärischen Nachrichtendienst Südkoreas unter dem Verdacht der Spionage für Nordkorea verhaftet und erst nach 19 Jahren freigelassen. Heute ist er Professor der Rechte an der Ritsumeikan-Universität in Kyoto, Japan. Seitdem er wieder in Japan ansässig ist, forscht und arbeitet er über Menschenrechte und Frieden in Ostasien. Er wurde durch Menschenrechtspreise 1994 und 2009 ausgezeichnet.

Vladimir Tikhonov alias Pak Noja – geboren 1973 in Leningrad, in der damaligen UdSSR, ist eingebürgerter koreanischer Journalist und Historiker. Er promovierte 1992 an der Lomonossow-Universität in Moskau über die Konföderation der Gaya. Er ist Professor für Ostasiatische und für Koreanische Studien an der Universität Oslo, sowie Lehrbeauftragter an der Kyunghee University in Seoul, wobei seine Forschungsgebiete die Moderne und die Ideengeschichte Koreas sind, letzteres mit Schwerpunkt auf jüngeren Buddhismus.




Kurze Erläuterungen zu den Abbildungen


Südkorea – untragbare Bilder

Hong Sung-dam


Sewol Owol

Mit der Wortmontage Sewol Owol [Sewol Mai] bezieht sich der Künstler auf zwei Ereignisse - das Unglück der Personenfähre »Sewol« am 16.April 2014 und das Massaker in Gwangju am 18. Mai 1980.
Hong sieht das Unglück der »Sewol«, bei dem 304 Menschen, meist Schüler_innen, ums Leben kamen, durch eine politische Kultur ermöglicht, die aus der Zeit der Militärdiktatur stammt. Links oben wird Park Guen-hye, die heutige Präsidentin von Südkorea, als Strohpuppe dargestellt, die von ihrem Vater, dem früheren Militärdiktator, bewegt wird. Die Figur des Diktators in Militäruniform und mit Sonnenbrille ist bei Hong ein wiederkehrendes Motiv. In den Männerfiguren im Hintergrund werden einflussreiche Konzernchefs und Politiker angedeutet. Links unten sind politisch Ultrarechte dabei, ein Porträt des nordkoreanischen Führer Kim Jong-Un zu verbrennen. Rechts oben wird die Geschichtspolitik Japans im Besuch des Yasukuni-Schreins durch den japanischen Premier Shinzo Abe thematisiert. Rechts unten wird das »Vier-Flüsse-Projekt« des vorigen südkoreanischen Präsidenten, Lee Myung-bak, dargestellt, das weiträumige Naturzerstörung für die Erzielung wirtschaftlichen Gewinns erlaubte. In der Mitte wird der Wille des einfachen Volkes als Geist des Widerstands von Gwangju gezeigt. Hong orientierte sich hier an Stilformen der koreanischen Volkskunst und der buddhistischen Tradition, entwickelte weiter eine neue Form Geolgae Gurim (Hängebilder), zuletzt darin, dass das Werk in der Öffentlichkeit als Gemeinschaftsproduktion hergestellt wurde.

Wegen der Darstellung von Park Geun-hye als Strohpuppe wurde das Werk von der 20. Gwangju Biennale 2014 entfernt. Es kann nun auch in Berlin nicht gezeigt werden, weil sich die beauftragte südkoreanische Kunstspedition einen Tag vor dem Abtransport weigerte, das Bild nach Deutschland zu transportieren. Die Spedition fürchtet um ihren Ruf in Südkorea.

Hühnerkopf [Dummkopf]

Wegen der Darstellung der Präsidentin als Vogelscheuche oder Strohpuppe durfte das Werk Sewol Owol nicht ausgestellt werden. Daraufhin machte Hong Sung-dam den Vorschlag, über die Figur Park Geun-hyes das Huhn zu kleben, um das Gesicht zu verdecken. Dieser Vorschlag wurde nicht angenommen und Sewol Owol blieb von der Ausstellung ausgeschlossen. Ein Hühnerkopf steht in Korea für ‚Dummkopf‘. Nun ist der Hühnerkopf ein Symbol für Park Gyeun-hye geworden.

Hanami [Kirschblütenfest]

Das Wort Hanami heißt auf Japanisch die Kirschblütenschau. Hong Sung-dam stellt mit Japans Nationalsymbol der Kirschblüte die Verbindung zur pro-japanischen Vergangenheit von Park Chung-Hee, dem Ex-Diktator, her, die lange Zeit verheimlicht wurde. Die derzeitige Präsidentin Park Geun-hye ist von hinten zu sehen. Sie hat die gleiche Frisur wie die von ihrer Mutter Yuk Young-Su, die angelblich von einem Nordkorea nahen Japan-Koreaner erschossen wurde. Sie führt ihren Vater als Kind im Militäranzug an der Hand. Zwischen den nebulösen Kirschbäumen verbergen sich die Männer vom Geheimdienst.

Goldene Zeit

Der Titel »Golden Time« ist nach einer bekannten TV-Arzt-Serie gewählt worden. Als 2011 Park Geun-hye, die Tochter des ehemaligen Diktators Park Chung-Hee, von der konservativen Partei »Saenuri« als Präsidentschaftskandidatin nominiert wurde, drückte Hong mit »Golden Time« seine Befürchtung aus, dass bei ihrem Wahlsieg Machtzirkel aus der Zeit der Militärdiktatur wieder Einfluss gewinnen könnten. Man sieht auf dem Bild die Figur der Park Geun-hye ihren Vater gebären – als Baby mit Sonnenbrille. Die Hauptfigur der TV-Serie erhebt dazu eine Hand zum militärischen Gruß. Die Wahlkommission verklagte Hong Sung-dam wegen Beleidigung und Verleumdung Park Geun-hyes; zog die Klage jedoch bald wieder zurück.

Bariquand I [Haarschneider]

Der Haarschneider wird in Südkorea Bariquand [ausgesprochen dort als Barikang] genannt, weil während der japanischen Kolonialzeit um 1940 ein französischer Haarschneider Marke Bariquand & Mare auf dem koreanischen Markt eingeführt worden war. Der Bariquand symbolisiert hier Militarismus, weil Rekruten nach Einziehung zum Wehrdienst kurz geschoren werden. Auf dem Stuhl sehen wir die heutige Präsidentin, Park Geun-hye den Erfolgssong Gangnam Style hinter dem Galgen tanzen. Links neben dem Stuhl tanzt ihr Vater, Park Chung-Hee, mit schwarzer Sonnenbrille. Uniforme Hintermänner haben die Fäden in der Hand; lassen also Park Geun-hye für die in Südkorea noch existierende Todesstrafe tanzen.


Sunmu


Die Sonne von Choseon

Als Sunmu noch in Nordkorea lebte, träumte er davon, den großen Führer KIM Il-sung zu treffen. Hier wird KIM Il-sung zur Ehrung proträtiert. Die Farbe Pink symbolisiert die Zukunft, die Utopie, als rosarot verklärte Welt. KIM Il-sung in schwarzem Anzug mit Krawatte ist ein unwöhnlicher Anblick, denn normalerweise tragen die nordkoreanischen Staatsoberhäupter den Volksanzug. Sunmu versetzt den verstorbenen, ikonisch gewordenen Führer symbolisch in den Ruhestand.

Kim Il-sung-Blume

Diese rote Orchidee wird in Nordkorea »Kim-Il-sung-Blume« genannt: Sie war Geschenk eines indischen Botanikers für KIM Il-sung zum 70. Geburtstag. Sein Sohn, KIM Jong-il, gab der Orchidee den Namen. Sunmu hängt das Bild absichtlich unter das Porträt von KIM Il-sung. Die Blütenzweige schreiben englisch no: Nein zur »Sonne von Choseon«! Was soll man damit, wenn Menschen verhungern?

*Erklärung: Choseon

Korea nannte sich von 1392 bis 1897 »Choseon«. Kurz vor der Annexion durch Japan rief König Kojong das Kaisereich »Daehan Cheguk« (»Großes Han«) aus. Nach der Annexion verschwand Korea von der Landkarte; es wurde ein Teil Japans. Mit der nachfolgenden Teilung wählte Südkorea die Bezeichnung »Daehan«, vollständig: »Daehan Minguk« (»Republik Korea«); Nordkorea behielt die alte Bezeichnung »Choseon« bei und gab sich den Namen »Choseon Inmin Gonghwaguk« (»Demokratische Volksrepublik Korea«).

Park Chung-hee 1

Das Werk wurde zuvor zusammen mit dem Porträt von Kim Jong-il ausgestellt. Es ist eine Anspielung darauf, dass sich ein Diktator Südkoreas kaum von dem Diktator Nordkoreas unterscheide.

Wer bist du? I [Kim Jong-Il]
Wer bist du? II [Kim Jong-Eun]

Auf roten Hintergrund sind die nordkoreanischen Staatsoberhäupter Kim Jong-il und Kim Jong-un zu sehen. Vom Mond lächelt Mickey Mouse, an deren Stelle gemäß nordkoreanischer Ikonographie der großer Führer Kim Il-sung dargestellt sein müsste. Damit will Sunmu den Wunsch nach Öffnung Nordkoreas gegenüber der kapitalistischen Welt ausdrücken.

Lass uns zusammen spielen

Hoffnung des Künstlers ist, dass die abgeschlossene nordkoreanische Gesellschaft mit der Außenwelt in Beziehung tritt. Er wünscht sich, dass die Figuren Walt Disneys, Symbole des Kapitalismus, mit den nordkoreanischen Bewusstseinsbildern spielen !

Ideologie

Der nordkoreanische Führer Kim Jong-un und die südkoreanische Präsidentin Park Geun-hye grüßen Arm in Arm den Betrachter wie einen Teilnehmer einer politischen Massenveranstaltung. Bunte Ballons fliegen zur Gratulation ihres Erfolges auf. Auf den Ballons sind die Gesichter aller bisherigen Präsidenten auf der koreanischen Halbinsel dargestellt: Kim Il-sung, Kim Gu, Kim Jong-il, Kim Dae-Jung, Kim Young-sam, Roh Mu-hyun, Rhee Syng Man, Park Chung-Hee, Chun Doo-hwan, Roh Tae-Woo und Lee Myung-bak.

Nordkoreanische Staatsoberhäupter
  • Kim Il-sung(1948-1994)
  • Kim Jong-il (1994-2011)
    Staatschef der Exil- und provisorischen Regierung
  • Kim Gu (1940-1947)
Südkoreanische Staatsoberhäupter
  • Rhee Syng Man (1948-1960)
  • Yun Bo-Seon (1960-1962)
  • Park Chung-Hee (1962-1979)
  • Choe Kyu-Ha (1979-1980)
  • Chun Doo-hwan (1980-1988)
  • Roh Tae-Woo (1988-1993)
  • Kim Young-sam (1993-1998)
  • Kim Dae-Jung (1998-2003)
  • Roh Mu-hyun (2003-2008)
  • Lee Myung-bak (2008-2013)
Japan – Die Unantastbarkeit des Tenno

Tomiyama Taeko


Von der Geschichte zum Schweigen gebracht – Revisited - Aus dem Leben einer Künstlerin
Die 94jährige Künstlerin Tomiyama Takeo stellte für die Ausstellung »Verbotene Bilder« eine zehn Meter lange Collage her, die aus 50 Einzelarbeiten in vier Themenkreisen besteht. Sie können als Widerspiegelung von vier Lebensstationen der Künstlerin aus dem Rückblick verstanden werden:
  1. Offenbarung aus dem Meer – der 11. März und Fukushima (14 Arbeiten)
  2. Gebete des Andenkens - Gwangju, Mai 1980 (8 Arbeiten)
  3. Das Leiden des Krieges und der Nachkriegszeit - was eine Künstlerin sah (15 Arbeiten)
  4. Die ehemalige Mandschurei und Korea – Bahnhof Harbin und die Karayuki (13 Arbeiten)
1. Offenbarung aus dem Meer - der 11.März und Fukushima (14 Arbeiten)
Erdbeben und Tsunami 1

In dieser Collage stellt Tomiyama Bilder von großen Ölgemälden aus der Serie »Offenbarung aus dem Meer« nebeneinander. Fūjin, Gott des Windes, segelt in einem brennnenden Himmel über ein böses, rotes Meer und beobachtet die Missgeschicke.

Erdbeben und Tsunami 3

Buddhistische Schutzgötter werden zusammen mit zerstörten elektronischen Teilen auf den Wellen des Tsunami mitgerissen während Feuer auf der geschwärzten See brennt. Die Götter scheinen die Menschen wegen ihrer Torheit im Angesicht der dreifachen Katastrophe zu ermahnen.

An den Toten Schmetterling: Fukushima 4, Gedicht für den Schmetterling

Bei der Arbeit an der Reihe Relevation from the Sea hörte die Künstlerin Berichte über Fehlbildungen und Massensterben bei Schmetterlingen in Fukushima. Bilder dieser zerbrechlichen Geschöpfe scheinen vor dem dunklen, verwirbelten Hintergrund zu schweben.

An den Toten Schmetterling: Fukushima 5, Der Zauberlehrling

Nachrichten von Fässern mit radioaktiv verseuchtem Wasser veranlassten die Künstlerin zu dieser Collage. Die Vision zahlloser Fässer mit verseuchtem Abfallwasser erinnerten die Künstlerin an Goethes Zauberlehrling.

2. Gebete des Andenkens: Gwangju, Mai 1980 (8Arbeiten)
Politiker: USA, Korea, Japan

Friedliche Demonstrationen der Bürger von Gwangju, die zu Frieden aufriefen, endeten in einem Massaker durch das Militär. Das Militärregime in Südkorea festigte seine Herrschaft mit Hilfe der USA und Japan.

Omoni - Mutter in Gwangju

Eine Mutter klagt in Trauer über den Tod unschuldiger Kinder.

Pieta in Gwangju

Koreanische Frauen betrauern den unverschuldeten Tod und rufen nach Gerechtigkeit.

Requiem II

Die Frauen scheinen zu fragen, »Warum sind sie gestorben?«

3. Das Leiden des Krieges - was eine Künstlerin sah (15 Arbeiten)
Marionettenstaat Mandschurei

Hier stellt Tomiyama Bilder ihrer früheren »Fox Serie« (»Die Gründung von Manchuko« und »Der Geist von Yamato«) einem dekorativen Artefakt gegenüber, das in koreanischen Volksritualen verwendet wurde und erinnert so die Betrachter an den Beginn einer Epoche, die zu den »Sorgen des Kriegs« führte.

‘Trostfrauen‘ - Die Nacht von Galungan, Fest für die Toten

Ein Schamane reist durch die Südsee auf der Suche nach einer jungen Koreanerin, die eine »militärische Trostfrau« war. Wir folgen dem Schamanen auf seiner Reise und hören die Zeugnisse der Toten. Das zentrale balinesische Fest für die Toten ist Galungan, eine religiöse Feier der Hindus, die mit der Göttin Durga verbunden ist.

Illusion aus Chrysanthemen - Der Weg zur ökonomischen Großmacht

Die Künstlerin benutzt die zweideutige Figur des betrügerischen Fuchses mit ihren vielfachen Assoziationen in japanischen Mythen und Folklore um die rauen Realitäten des Krieges darzustellen. Tomiyama verfolgt die Possen des betrügerischen Fuchses bis zum gegenwärtigen Tokio wo er immer noch Streiche in den neon-erleuchteten Boulevards der Großstadt spielt.

Lied der im Öl ertrunkenen Meeresvögel ...Klackern auf der Tastatur... »Auf zum Licht!«

Auf einer Unterwasserbühne brennen Türme, und Überbleibsel der modernen Zivilisation werden in einem Tsunami fortgespült. Tief unter dem Meeresspiegel tippen Skelette von in Öl ertrunkenen Seevögeln auf herrenlosen Computertastaturen.

4. Die ehemalige Mandschurei und Korea – Bahnhof Harbin und die Karayuki (13 Arbeiten)
Harbin 1917

In der Reihe Harbin Station hält Tomiyama zentrale Momente der modernen Geschichte fest. Hier werden den Bildern der Revolution Postkarten der Mandschurischen Eisenbahn und ein Bild des Kaisers gegenübergestellt, um das Gefühl einer Welt in Bewegung zu erzeugen.

Harbin 1945

Hier stellt Tomiyama Bilder der Anlage für Biowaffen der japanischen kaiserlichen Armee, Einheit 731, neben zurückgelassene japanische Kriegswaisen und chinesische Oper. Wieder erscheint das Gesicht des Kaisers in der Nähe der Bildmitte.

Karayuki I

Mit Hilfe von Techniken, die an die in frühen Holzschnitten verwendeten erinnern, erstellt Tomiyama eine Reihe von Siebdrucken zum Thema der Karayuki, jungen Frauen, die in Bordelle im In- oder Ausland gingen oder verkauft wurden.

Schwarzer Fluss IV (Fisch)

Tomiyama vereint Vögel und Fische, mythische Figuren und Geister aus dem Pantheon der Bilder, die sie auf ihren Reisen durch »Eurasien« gesammelt hat. Der schwarze Fluss – der Amur – erhält seine Form durch die Fische und Pferdegeister, die wiederum Symbole aller Lebewesen werden und damit Himmel und Erde verbinden.


Nakagaki Katsuhisa


Nakagaki war früher kein politisch aktiver Künstler. Den offensiven Geschichtsrevisionismus der Regierung Shinzo Abes konnte er jedoch nicht mehr stillschweigend ertragen und schuf u. a. das Hügelgrab-Objekt, das mehrere Zettel mit politischen Statements trägt. Bei einer Ausstellung im Metropolitan Art Museum in Tokyo ließ die Kuratorin einen der Zettel entfernen. Durch die Unterstützung der Galerie Murata & Friends, Berlin, kann in der Ausstellung das unzensierte Werk gezeigt werden.



Taiwan – Zwischen Mao und Chiang Kai-Shek

Chen Ching-Yao


Chen Ching-Yao wendet sich in jüngster Zeit wieder der Malerei zu. Hier sind zwei Beispiele, aus der »Serie der Großen Führer«. Indem er sich selbst als Mao oder Chiang Kai-Shek darstellt, macht er sich über die Diktatoren lustig und zeigt zugleich, dass jeder von uns einer dieser großen Führer sein könnte.

Kommando Seifenblasen

Die Serie »Bubble Commando« [‚Kommando Seifenblasen‘] ist eine typische Arbeit von Chen Ching-Yao in Cosplay-Manier. Zusammen mit Freunden inszeniert der Künstler auf ironische oder parodistische Art verschiedene bekannte Szenen und Sequenzen aus Manga oder Anime, aus Filmen oder alten Fotosammlungen usw. In allen Szenen tritt Chen selbst als eine Hauptfigur auf. Hier z. B. werden die Offiziere der japanischen kaiserlichen Armeen aus der Kolonialzeit nachgestellt.

Kommando Seifenblasen 1

Chinesischer Text im Bild: Erinnerungsfoto Operation 1

Kommando Seifenblasen 2

Chinesischer Text im Bild: Oberleutnant Chen und das Kommando Seifenblasen suchen nach dem Feind auf der Straße.

Kommando Seifenblasen 3

Chinesischer Text im Bild: Gefreiter Chen greift mit seinem Seifenblasen-Kommando den PURIKURA-Shop an und macht Fotos zur Erinnerung.

International Radio Gymnastics

Es gibt nur drei Länder auf der Welt, in denen es im Radio Anleitungen zu Calisthenics, d.h. zu ‚Körpergewichtsgymnastik‘ gibt. Diese drei Länder sind Japan, Korea und Taiwan. Hier erinnert sich jeder an seine Grundschuljahre. Als Schüler kam niemand umhin, beim Erklingen bestimmter Melodien Hände und Beine rhythmisch zu bewegen. Der Bewegungsablauf war durch lange Übung zu einem Teil des Gedächtnisses geworden. Mit anderen Worten: wer hier aufwuchs, ist in einem nationalen Kollektivismus erzogen, der gezielt im Unterbewussten implantiert worden ist. Darin liegt vor allem ein koloniales Erbe – Japan führte in seinen damaligen Kolonien diese Gymnastik ein, um die Kolonisierten nach japanischem Muster zu disziplinieren.

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